The Master of the Universe

Flo M. ist Sammel-Ultra und besitzt über 10.000 Action-Figuren und Unmengen an Comics, Videos und Hörkassetten

Flo M. ist vielen Augsburgern als Tätowierer in der Dominikanergasse bekannt. Und er ist ein leidenschaftlicher Sammler. Wenn man sein Reich betritt, klappt einem die Kinnlade herunter, über 10.000 Figuren, zahllose Comics, Hörkassetten, Videos und Devotionalien aus einer anderen Galaxie kann man dort fein aufgestapelt und sortiert bewundern. Walter Sianos durfte sich umsehen.

Wow, ich bin baff, sowas habe ich bis heute noch nicht gesehen. Wie wird man so ein Aficionado?
Das begann schon als Kind, ich bin mit Lego-Spielzeug und Playmobil aufgewachsen. Ein Lego-Raumschiff und diese Höfler Cowboymännchen waren mein erster Bezug in Richtung Action-Figuren. Anfang der 80er Jahre bekam ich von meinen Eltern einige Star Wars-Figuren geschenkt, die fand ich super, obwohl ich anfangs gar nicht so recht wusste, was ich da in der Hand hielt, weil ich die Filme altersbedingt gar nicht kannte. So richtig angefixt wurde ich etwas später, als unsere Familie mit Bekannten im Spanien-Urlaub war und deren Sohn Masters of Universe-Figuren im Gepäck hatte.

MOTU als Initialzündung?
Das kann man definitiv so sagen. Zurück in der Heimat wollte ich natürlich selber solche Figuren besitzen, aber meine Eltern haben mir da aus pädagogischen Gründen erst einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Wie genau haben sie das gemeint?
Die Figuren waren ihnen zu gruselig und zu unheimlich. Als ich mit acht Jahren mein Playmobil Piratenschiff gegen MOTU-Figuren getauscht habe, hat mein Vater getobt, aber ich konnte mich letztendlich doch irgendwie durchsetzen und das Eis war gebrochen (lacht). Star Wars war Mitte der 80er etwas am Abflauen und meine Favourites waren Superheroes wie He Man oder Beast Man. Meine Sammlung begann langsam zu wachsen, aber erst einmal ohne System, meine Kumpels und ich haben einfach untereinander wild hin und her getauscht.

Damals gab es keinen Onlinehandel, wie seid ihr an den heißen Scheiß gekommen?
Ganz klassisch, zuerst haben wir die Läden abgeklappert, die für uns mit den Rädern erreichbar waren, wie der Holzapfel im Bärenkeller oder der Pfänder in Neusäß. Mit der Zeit wurde unser Radius größer und wir sind auch zu Horten oder Spielwaren Hartmann in die City gefahren. Irgendwann haben die Hersteller gecheckt, dass die Nachfrage nach diesen Figuren so groß ist, dass zusätzlich Begleitmaterial produziert wurde, es erschienen Hörspiele, Comics, Merchandising oder Werbehefte. Ich habe natürlich alles gleich mitgesammelt. Was mich auch immer sehr fasziniert hat, waren die Verpackungen, die damals richtig aufwändig designed und hergestellt wurden und meist von spanischen Künstlern handgezeichnet waren. Ich konnte mir damals ständig diese Bilder ansehen, sie haben meine Phantasie angeregt und irgendwann habe ich begonnen, diese Motive abzumalen.

War das die Grundlage für deinen späteren Beruf als Tätowierer?
Ja, wahrscheinlich, ich habe bereits Anfang der 90er damit begonnen, mir Tattoos stechen zu lassen, auch da ging also die Sammelleidenschaft mit mir durch, wie man sieht (grinst).

Du bist ein glühender Fan des Hamburger SV. Hast du auch alle Trikots im Schrank hängen?
Nein, ich habe zwar ein paar HSV-Jerseys, aber das ist überschaubar. Natürlich habe ich auch Panini-Hefte gesammelt, ich hatte ein komplettes Album von der WM 1986 in Mexiko, habe es aber leider weggegeben. Das Ding wird heute mit bis zu 200 Euro gehandelt.

Was steht außer MOTU noch so alles in deinem Regal?
Natürlich Star Wars, Indiana Jones, Wrestling-Figuren, Jurassic Park, Disney, Marvel, Comics, Bücher, Hörkassetten, im Prinzip alles, was meine Kindheit und Jugend geprägt hat. Aber ich sammle auch alles drumherum, für eine Spieleverpackung von MOTU habe ich auch mal 200 Euro hingeblättert.

Nur für die leere Verpackung?
Das ist mehr als ein Karton, das ist Kunst. Wenn ich das heute betrachte, wie lieblos und billig das stellenweise im Regal hängt, dann ist das schon ein bisschen traurig.

Sammelst du auch Spiele?
Als das Computerzeitalter mit den Atari PCs losging, ging es natürlich auch mit den Spielen los und wir haben im Schulhof Disketten getauscht. Im Videothekenzeitalter habe ich als Minderjähriger versucht, an Bückware heranzukommen, das waren meistens Horror-Filme, die inoffiziell unter der Ladentheke vercheckt wurden. Die Filme waren vom Kopieren oft von einer schlechten Qualität, aber mir gefiel das, das hatte irgendwie Seele. Ich mag heute noch keine Filme in HD, ich liebe es trashig. 1999 ging es dann so richtig los bei mir, als die Episode 1 von Star Wars in die Kinos kam. Ich habe im Fernsehen Berichte gesehen, wie sich bereits um Mitternacht die ersten Schlangen vor Geschäften bildeten und da hat es bei mir endgültig „klick“ gemacht.

Wie viele Figuren besitzt du heute, hast du überhaupt den Überblick?
Ich kann es dir beim besten Willen nicht sagen, aber es sind weit mehr als 10.000. Ich sortiere derzeit alles etwas um, aber prinzipiell weiß ich zu 90 Prozent, wo ich hinlangen muss, um das zu finden, was ich suche und manchmal bin ich auch überrascht, was so alles zum Vorschein kommt, manche Figuren habe ich sogar doppelt.

Sammelst du mit System und PC-Archiv?
Nein, ich habe zwar mal angefangen, aber schnell wieder damit aufgehört.

Wie kauft man heute, eher bequem und bei Amazon?
Eher selten, man hat sich natürlich im Laufe der Jahre ein Netzwerk aufgebaut, ich kenne viele Sammler persönlich. Früher war ich viel auf Börsen unterwegs oder bin immer wieder mal nach München gefahren, so haben viele Figuren ihre eigenen Stories, worum es ja auch irgendwie geht. Sehr wichtig war für mich Thierry Zellers Comic-Time, der von der City nach Göggingen umgezogen ist, bei ihm bin ich seit über 30 Jahren Kunde. Eine weitere gute Quelle war auch immer die Bahnhofsbuchhandlug in Oberhausen.

Was sind deine wertvollsten Kameraden?
Eine Promotion-Figur von He-Man aus Spanien, die war in Deutschland gar nicht im Handel, die dürfte echten Sammlern zwischen 900 und 1.000 Euro wert sein.

Gibt es überhaupt einen Tag, an dem du dich nicht mit deinen Figuren beschäftigst?
Nein, ich kommuniziere täglich mit Leuten oder recherchiere im Internet. Und ich bin sicher, das wird wohl auch immer so bleiben. (ws)

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