"Ich würde gern die Haltestellenansagen beim AVV machen, da fehlen Sex und Präsenz"

Wer montags zwischen 21 und 23 Uhr die Frequenz von Radio Fantasy einstellt, hört, nein, nicht Radio Fantasy (93,4), sondern Kanal C, das Studentenradio von Studenten für Studenten in Augsburg. Nun stellen sich manche darunter vielleicht spröden Schulfunk a la Telekolleg vor, aber damit liegen sie glücklicherweise falsch, ohne dem Telekolleg damit Unrecht tun zu wollen. Weil man von Kanal C immer nur hört, statt zu lesen und zu sehen, hier ein Interview mit der Chefin vom Dienst, Julia Frick.

NeueSzene: Was für eine Stimme braucht man eigentlich, um im Radio Erfolg zu haben?

Also bei uns kann eigentlich jeder mitmachen, wir weisen niemanden zurück.

Das sagst du doch nur so.

Nein, man kann da echt dran arbeiten, dafür gibt's ja das Sprechtraining.

Aber sicher lieber tief als hoch.

Das ist wissenschaftlich erwiesen, dass eine etwas tiefere Stimmlage angenehmer ist, stimmt schon. Wichtig ist aber vor allem die Aussprache.

Und keine Äääähs und Eeehms.

Das wird sowieso rausgeschnitten.

Machst du dann auch Sprechübungen vor der Sendung, Miiiii-Maaa-Mooo?

Ja, man knödelt, so Mmhhhhhhhhhhhhmmmmhhhh, da stelle ich mir vor, wie gut ein Knödel schmeckt, dann habe ich schon mal die richtige Stimmlage. Oder dass man vor dem eigentlichen Satz lautlos sagt: Jetzt pass mal auf! Damit leitet man dann schon mal den Sprechfluss ein.

Ihr habt ja auch Studiogäste, was macht ihr, wenn ihr merkt: Der Studiogast ist ein Totalausfall. ?

Das ist für den Moderator natürlich eine Herausforderung, es gibt Leute, die schüchtern sind, die muss man herauslocken und darf ihn nicht zuquatschen, Ja-Nein-Fragen sollte man vermeiden.

Aber wenn er halt nicht viel zu sagen hat?

Das weiß man ja nicht, jeder Mensch hat eine Geschichte und die muss man aus ihm rauskriegen. Aber wir haben eher das Problem, dass die Leute oft zu viel quatschen wollen.

Oder besonders witzig sein möchten.

Da werden dann gerne Insiderwitze hergeleitet, so nach der Art: Jaa, und letztes Wochenende, verstehste? Gerade Bands machen das gerne, da muss man das Gespräch wieder in die Hand nehmen als Moderator.

Mich nervt diese aufgesetzte Fröhlichkeit bei Radiomoderatoren oft.

Also unser Ziel ist das nicht. Wir haben natürlich den Anspruch, gut drauf zu sein, aber wir coachen uns nicht so gute-laune-mäßig. Wir haben ja keine Gagschreiber.

Dass sie Gagschreiber haben, merkt man bei den anderen Sendern auch oft nur bedingt, besonders schlimm ist es morgens.

Da bin ich auch eher melancholisch, wobei man mir eher nachsagt, dass meine Sprechweise schlafzimmerlastig klingt.

Das ist natürlich ein schwerer Vorwurf.

Das liegt eben an meiner Stimmlage, und ich steh dazu, wenn der ein oder andere deswegen länger dranbleibt, ist es gut.

Und nach dem Studium geht’s dann hauptberuflich zum Radio?

Ja, das will ich, war auch schon immer mein Kindheitstraum.

Pflichtfrage: Wie kriegst du Studium und Radio unter einen Hut?

Ich krieg es gut unter einen Hut, aber eher zu Lasten des Studiums, weil mir das Radio sehr viel Spaß macht und ich merke, dass ich vorankomme, es ist ja auch eine Investition in die Zukunft. Man muss es eben in Balance halten, man muss aber neben dem Studium sowieso etwas machen, vor allem als Geisteswissenschaftler, nur ein Einser im Zeugnis, aber keine Praxiserfahrungen, in welcher Nische auch immer, funktioniert nicht.

Wen würdest du gern mal als Studiogast haben?

Depeche Mode, aber ich wäre wahrscheinlich zu aufgeregt, oder lieber Rammstein, die sprechen Deutsch, da greif ich mir dann auch gleich den Sänger ab (lacht).

Ach, dauernd diese Musiker, ich geb dir mal eine sinnvollere Auswahl: Harald Schmidt, Claudia Roth, Kurt Gribl, Gotthilf Fischer, Charlotte Roche.

Gotthilf Fischer natürlich, der hat immer gute Laune, kann gut singen, da muss ich mir keine Gedanken über den Unterhaltungswert machen.

Was würdest du gerne mal anmoderieren? Zeit und Raum und Wahrscheinlichkeit spielen keine Rolle.

(überlegt) Das kann nicht wahr sein, mir fällt da wieder nur Quatsch ein!

Quatsch ist doch gut.

Das fällt dann wieder auf mich zurück, oh ja, ach nein, doch nicht. Irgendwas Privates interessiert ja niemanden, es muss einen Informationswert haben.

Atompilz über Augsburg.

Das hört dann ja keiner mehr.

Zumindest die Augsburger nicht.

Mir fällt was ein, ich würde gerne die Haltestellenansagen vom AVV machen, ich rege mich jedes Mal über dieses brüchige Stimmchen auf, da fehlen der Bums, der Sex und die Präsenz.

www.kanal-c.net

Fotos: Marcus Ertle

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