Die Kleingeistigkeit schlägt zurück

Das ging schnell. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen die städtischen Pläne zur Sanierung des Theaters bekommen Gegenwind. Gestern gab die (Noch-)Intendantin Juliane Votteler bekannt, dass sie die Zusammenarbeit mit dem Buchhändler Kurt Idrizovic (Foto), einem der maßgeblichen Köpfe des Begehrens, mit sofortiger Wirkung aussetzen werde.

Idrizovic hatte bisher seinen "Literarischen Salon" im Theater veranstaltet. Bei dieser Reihe werden Neuerscheinungen vorgestellt und diskutiert. Eigentlich sollte dort am 18. Mai Juliane Votteler selbst ein Buch präsentieren, am 22. Juni wäre ihr Nachfolger André Bücker zu Gast gewesen. Dazu dürfte es nun nicht mehr kommen. In einem Fax vom 06. April kündigte die Intendantin Idrizovic die Zusammenarbeit auf. Die Begründung ist bemerkenswert. Die von Idrizovic mitinitiierte Unterschriftensammlung für einen Bürgerentscheid habe "bei den Mitarbeitern des Theaters zu völligem Unverständnis und Entsetzen geführt", so Votteler. Eine weitere Mitarbeit sei dem Ensemble "nicht mehr vermittelbar".

Eine gute halbe Stunde vorher erreichte Idrizovic die Mail des Direktors der privaten Simpertschule, Reinhard Fürhofer, der ihm mitteilte, dass sich das Lehrerkollegium nach einer "sehr intensiven" Diskussion dazu entschlossen habe, die Zusammenarbeit mit der Buchhandlung am Obstmarkt einzustellen und dies anderen Schulen und Kollegien mitzuteilen.

Bumm!

Nun kann man zum Bürgerbegehren gegen die aktuellen Sanierungspläne stehen, wie man will, die Reaktionen des Theaters und der Simpertschule bewegen sich auf einer anderen Ebene, einer wirtschaftlichen, keiner politischen. Das müssten eigentlich auch Juliane Votteler und Reinhard Fürhofer wissen. Wenn sie es wissen, missbrauchen sie ihre Stellung, um durch wirtschaftliche Maßnahmen politischen Druck auszuüben. Denn bei beiden Entscheidungen geht es um weit mehr als Symbolik: Idrizovic wird wirtschaftlich geschädigt. Vor allem mit dem Verkauf von Schulbüchern erzielt seine Buchhandlung einen großen Teil ihres Umsatzes, der "Literarische Salon" ist zumindest ein Aushängeschild, das ihm wertvolle Aufmerksamkeit beschert. Er soll also da getroffen werden, wo es weh tut.

Manche sagen jetzt, dass die Entscheidungen des Theaters und der Simpertschule legitim wären, da der Bürgerentscheid ja auch die Zukunft des Theaters betreffe und, wenn auch sehr indirekt, durch die Folgen auf das Kulturangebot, die Schule. Wer so argumentiert, würfelt vieles wild durcheinander. Die private Simpertschule darf natürlich zusammenarbeiten mit wem sie will, sie muss dies nicht einmal begründen. Dass sie aber einen politischen Vorgang nicht mit guten Argumenten, sondern mit einem Angriff auf die Existenz eines Buchhändlers beantwortet, verrät viel über das Demokratieverständnis der Verantwortlichen.

Das Theater, dazu gehören sämtliche Mitarbeiter, ist kein eigenständiger politischer Akteur, der bei der Willensbildung der Stadtgesellschaft mitwirkt. Im Gegenteil, das Stadttheater ist das Objekt, um das es beim Bürgerentscheid geht. Wenn es also eine städtische Institution gibt, die bei der politischen Auseinandersetzung zu strikter Zurückhaltung und Neutralität verpflichtet wäre, dann das Theater. Allein die Begründung Votteler zeigt schon, dass sie nicht versteht, wo die Grenzen politischer Manipulation verlaufen. Dann auch noch das Entsetzen der Mitarbeiter als Grund vorzuschieben, ist so dreist wie durchsichtig. Das wäre in etwa so, als hätten sich die Stadtwerke geweigert, die Macher des damaligen Bürgerentscheids zu transportieren mit der Begründung: "Wir können unseren entsetzten Tramfahrern nicht zumuten, sich mit den Initiatoren in eine Straßenbahn zu setzen."

Aber Stellung beziehen und sich eine Meinung bilden, müssen und dürfen nur die Bürger und die politischen Akteure und nicht städtische Eigenbetriebe. Ganz offensichtlich hat man beim Theater rein gar nichts aus dem Desaster der Stadtwerke gelernt, die durch massive politische Einflussnahmen in Form manipulativer Plakate das Bürgerbegehren gegen deren Fusion mit einem anderen Konzern lenken wollten und damit krachend scheiterten.

Es ist diese Mischung aus Machtmissbrauch und provinzieller Kleingeistigkeit, die den Initiatoren des Bürgerbegehrens letztlich nutzen könnte. (me)

Foto oben: Marcus Ertle

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