In einer Woche startet der Augsburger Herbst-Plärrer!

Der Augsburger Plärrer – Ein Volksfest im Wandel der Zeit - Auf eine Maß mit Szene-Gastronom Harry Winderl

Die Wurzeln des Augsburger Plärrer lassen sich mehr als tausend Jahre weit zurückverfolgen. Ursprünge waren die Dulten, die auch heute noch alternativ zu den Kaufhäusern genutzt werden. Märkte unter freiem Himmel waren immer auch Bühne für Gaukler, Artisten, Zauberkünstler, Moritatensänger und Schießstandbetreiber. Weniger beliebt war der Lärm, der regelmäßig die Anwohner der heutigen Maxstrasse um ihren Schlaf brachte. Nach Beschwerden entschloss man sich, das Geplärre von den Marktständen zu trennen. Als Platz bot sich der kleine Exerzierplatz vor den Toren Augsburgs an, wo bis heute zwei Mal im Jahr rund eine halben Million Besucher zum Feiern angelockt werden. Wir haben mit Harry Winderl von der Schaller Alm über den Wandel des Plärrers in den letzten Jahren gesprochen. Von Markus Krapf

Harry, ich erinnere Harry mich an die 80iger im mintgrünen Kawai am Autoscooter. Ein Gockel, ein glasierter Apfel, Magenbrot, eine Maß im Bierzelt und der Kontakt mit dem anderen Geschlecht. Was verbindest du mit dem Plärrer deiner Jugend?
Der Besuch ins „gefährliche“ Schallerzelt wurde mir von meinen Eltern streng verboten, ich bin natürlich trotzdem hingegangen (lacht).

Seit wann bist du beruflich mit dem Plärrer liiert?
Lass mich kurz nachdenken, seit dem Osterplärrer 2006, also nun auch schon wieder seit 17 Jahren.

Wie ist diese Konstellation mit dem Schallerzelt, seinem Betreiber Dieter Held und dir eigentlich genau?
Ganz einfach, Dieter und ich betreiben die „Schaller-Alm“ und den „Schaller-Alm-Biergarten“ gemeinsam – inzwischen hat sie sich zur erfolgreichsten Bar Süddeutschlands entwickelt.

Stichwort Schaller Alm oder auch Rosa Montag … Der Augsburger Plärrer hat sich im Laufe der Jahre verändert. Was ist besser geworden?
Natürlich haben sich nicht nur die Fahrgeschäfte, sondern auch die Gastronomie und die Art der Veranstaltungen immer mehr einem neuen Zeitgeist angepasst. Und das ist auch gut so und wichtig, nur auf diese Weise schaffen wir Akteure es, über all die Jahre interessant für die Besucher und die Gäste zu bleiben. Dadurch bleibt der Plärrer weiterhin eine Augsburger Institution, auf die sich die Leute zweimal im Jahr so richtig freuen.

Was vermisst du an den alten Zeiten?
Die große Achterbahn fehlt mir und die alte „Hühnerbraterei“ - ansonsten recht wenig, denn der Plärrer ist besser denn jemals zuvor.

Vor ein paar Jahren hat es die Stadt einmal mit einem dritten Zelt versucht. Warum ist es so schwer, hier neu Fuß zu fassen?
Auch ich habe mich damals zusammen mit Partnern für dieses dritte Zelt beworben, die Stadt Augsburg hat sich aus politischen Gründen dann aber für andere Betreiber entschieden. Damals war ich enttäuscht, heute bin ich froh. Mit dem Schaller haben wir doch alles, was wir auf dem Plärrer brauchen. Es ist halt nicht so einfach, so etwas perfekt zu organisieren und das Publikum zu überzeugen, wie sich ja auch gezeigt hat.

Früher habe ich mich auf dem Plärrer oft gefragt, wo sind diese Leute hier eigentlich unter dem Jahr zu sehen. Hat sich auch das Klientel verändert?
Oh ja! Heute „trifft“ man sich auf dem Plärrer. Der gehobene Betrieb mit gutem Essen und attraktiven Bands überzeugt auch Menschen, die früher vielleicht über das Klientel im Bierzelt eher die Nase gerümpft haben. In den letzten Jahren haben dann auch immer mehr Firmen ihre diversen Betriebsfeiern gerne auf den Plärrer verlegt, weil klar ist, dass nicht nur eine qualitativ hochwertige Gastronomie, sondern auch allerbeste Unterhaltung garantiert ist. Zusätzliches Publikum konnten wir bei uns im Schallerzelt auch durch den Rosa Montag gewinnen, den du angesprochen hast. Das ist eine bunte, vielfältige und sehr moderne Veranstaltung, die früher auf dem Plärrer schon allein durch den damaligen Zeitgeist niemals möglich gewesen wäre. Ich kann nur jedem raten, der das noch nie erlebt hat, schaut es euch an. Heuer ist der Rosa Montag am 28.08., der Eintritt ist frei.

Man sagt, die Schausteller seien ein ganz besonderes Völkchen, ist das wirklich so?
Allerdings, aber sind wir nicht alle ein bisschen Bluna (lacht)?

Sind deiner Meinung nach die Freitags-Feuerwerke, die immer freitags gezündet werden und zu den absoluten Höhepunkten des Plärrers gehören, heute noch zeitgemäß?
Ganz ehrlich, wir müssen mit und ohne Feuerwerke sterben. Ich bevorzuge ein Leben mit Freude und Feiern und die Feuerwerke sind nun einmal ein Teil davon, gerade in meiner Branche. Ich habe ja früher auch immer große Silvester-Events veranstaltet und genau wie auf dem Plärrer sind Feuerwerke hier ein maßgebliches Element, auf das sich die Menschen auch ganz besonders freuen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die ganz große Mehrheit der Leute das genauso sieht.

Wird der Augsburger Plärrer auch in 100 Jahren noch in den Zeitgeist passen?
Um ehrlich zu sein, dieser aktuelle Zeitgeist mit einem schwarz-grünem Ordnungswahn in unserer Stadt macht mir schon ein bisschen Angst. Ich vertraue jedoch auf die Kraft der Mehrheit, die „leben“ möchte und weiß: „Die Musik stirbt nie.“ Dabei bekomme ich gerade Lust auf eine frische Maß Bier vom Fass und eine Ente vom Grill. Auf der Bühne läuft: „Tage wie diese“ und ja, ich liebe es und könnte mich nicht mehr auf den Herbstplärrer freuen. (max)

Infokasten Plärrer:
Gründung: 1878
Festgelände: 36.000 m2
Schausteller und Wirte: ca. 85 Betriebe
Frontmeter der Betriebe: 1075,30 m Vergnügen, gastronomische Highlights, rasante Fahrgeschäfte und Nostalgie
Besucherzahlen: ca. 600.000 Besucher pro Plärrer

Weitere Infos unter: www.augsburger-plaerrer.de

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