"Jazz und existenzielle Fragen"

Das Schöne an den Pressekonferenzen zur Langen Kunstnacht ist - neben dem Programm natürlich -, dass Elke Seidel und Barbara Friedrichs vom Kulturamt immer interessante Gäste einladen. Unvergessen der Auftritt von Seiner Durchlaucht Hubertus Fürst Fugger-Babenhausen im Jahr 2009, als selbst die vorlaute Augsburger Journaille eine gewisse Ehrfurcht erfasste.

Zum diesjährigen Motto "Die lange Nacht der Kirchen und Klöster" haben am Donnerstag gleich mehrere Ordensbrüder und -schwestern den Weg ins Rathaus gefunden, um das wie gehabt überbordende Programm zu präsentieren. Zunächst aber kamen die Zahlenmystiker auf ihre Kosten: Die zwölfte Kunstnacht findet nun zum siebten Mal unter einem Motto statt, wie Kulturbürgermeister Peter Grab feststellte.

200 Programmpunkte sind es am 16. Juni 2012 an über 50 Orten, darunter bis auf wenige Ausnahmen alle Kirchen, Klöster und Kapellen der Innenstadt bis nach Herz Jesu in Pfersee und St. Sebastian bei der MAN. Letztere hat sich passenderweise gleich Kunstförderpreisträger Sebastian Giussani gekrallt, um elektro-musikalisch die sehr enge Nachbarschaft zwischen Kirche und Industrie zu vertonen.

Ein weiterer interessanter Aspekt der Langen Nacht ist die Möglichkeit, in einem Rundumschlag einen Großteil der Augsburger Künstlerschaft erleben zu können. Kaum ein Name fehlt in dem Programm, von der Künstlergruppe Bluespot Productions bis zum Tänzer Danjel Zaboj. Das Theater Augsburg ist mit allen Sparten vertreten und stellt u.a. die interessante Frage "Sind Tenöre heilig?". Die Kreativen des Kulturparks West wiederum bekommen im Diözesanmuseum "Das Kreuz mit der Kunst" zu spüren, das sich schon in der Vorbereitung bemerkbar macht, da man an geweihter Stelle keinen Nagel in die Wand hauen darf, wie Mitorganisator Manuel Schedl berichtete.

Im Mittelpunkt stehen dieses Jahr natürlich die wie auch immer gearteten "spirituellen Orte", deren Türen "selten so offen" sind, so Elke Seidel. Oder wie Peter Grab sich ausdrückte: "Die Schornsteine in Augsburg werden immer weniger, die Kirchtürme bleiben." Doch es geht auch ohne Turm: Mit unseren Nachbarn, der Tepe Basi Moschee am Katzenstadel, ist immerhin ein nichtchristlicher Vertreter an Bord, während die Derwische des Galata Mevlevi Ensembles ihre Runden im Goldenen Saal drehen werden (Foto oben). Wer sich selber auf die Bühne stellen will, hat im Fronhof die Gelegenheit, den Lichtergarten des Theaters Anu zu durchstreifen oder das Engelsmuseum im Schaezlerpalais anzutesten (Foto Mitte).

Und selbst die Leute mit der ganz guten Kondition bzw. die Spätstarter kommen dieses Jahr auf ihre Kosten, auch nach zwölf Uhr gibt es Programmpunkte und im Thalia resümiert Stephan Holstein’s Blue Monk Quintet "Jazz und existenzielle Fragen" (Seidel) bis der letzte Kunstliebhaber das Programmheft wirft.

Und auch das bleibt gleich: Die Auswahl ist wie immer grausam schwer zu treffen, das Kulturamt stellt auf der Homepage den "Nachtplaner" bereit, um zumindest im Vorfeld die Illusion hochzuhalten, man könne eine solche Nacht planen. Man kann eine solche Nacht nicht planen - aber ziemlich froh sein, dass es eine solche überhaupt gibt. Genießt es.

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