Höchster mobiler Aussichtsturm Europas auf dem Plärrer
Verfasst von Neue Szene am 08.04.2025
Der Augsburger Frühjahrsplärrer findet vom 20. April bis 4. Mai statt
Am 01.04. sollte ein neuer Pächter übernehmen. Daraus wird jetzt nichts. Ende Oktober ist wohl für immer Schluß
Wolfi Honrath und sein Madhouse sind in Augsburg eine echte Institution. Seit 1980, also sage und schreibe 45 Jahre, betreibt er sein Musiklokal in Lechhausen. Am 31. März wollte er seinem Nachfolger den Laden übergeben und in den Ruhestand gehen. Doch leider wurde sich der neue Hausbesitzer mit dem Pächter nicht einig. Jetzt hängt Wolfi noch ein halbes Jahr bis Ende Oktober hin, danach werden sich höchstwahrscheinlich die Pforten für immer schließen.
Wolfi, eigentlich wolltest du am 31. März in den Ruhestand gehen und den Laden an einen neuen Wirt übergeben.
So war es ursprünglich auch vorgesehen. Doch leider hat der neue Hausbesitzer der Brauerei Riegele, die ja Pächter sind, da den Hahn abgedreht. Es konnte leider keine Einigung erzielt werden und jetzt ist Ende Oktober finito! Wohl für immer.
Wie fühlt sich das bei dir an?
Es fühlt sich seltsam an und ich finde es sehr schade, dass es wohl nicht weitergeht. Es schwingt eine große Portion Wehmut mit. Mir werden mit Sicherheit am meisten meine Gäste fehlen, die ich zum Teil schon seit vielen Jahrzehnten kenne.
Wie man nur unschwer hört, du bist Rheinländer. Wie hat es dich überhaupt nach Augsburg verschlagen?
Ich habe 1977 in Augsburg im Holiday Inn im Hotelturm angeheuert. Eigentlich wollte ich nach Eibsee, die damals als beste Filiale in ganz Europa galt, aber hier war das Gehalt besser. Und nach meinem Zivildienst bin ich hier hängen geblieben.
Das Restaurant war ganz oben…
Genau gesagt im 35. Stockwerk und in der Mitte war die Küche.
Der Maiskolben war ja damals immer noch eine kleine Sensation, ich denke dort sind sicherlich viele Promis zum Essen gegangen.
Allerdings, zu dieser Zeit war sehr viel Betrieb und natürlich waren auch immer wieder Stars aus der Show- oder Politbranche zu Gast, wie zum Beispiel Willy Brandt, für den ich extra einen Käseigel zubereiten musste.
Käseigel?
Das hat er sich zu seinem Wein servieren lassen. Scheint ihm jedenfalls geschmeckt zu haben, denn er hat alles brav aufgegessen (lacht).
Und aus dem Zivil wurde ein Gastronom?
Erst hatte ich mir eine Auszeit gegönnt und bin für längere Zeit mit dem Motorrad nach Marokko. Als ich dann wieder zurück in der Stadt war, bekam ich das Angebot, im Madhouse mit einzusteigen, das kurz zuvor geöffnet hatte. Ich bin sozusagen als letzter von vier Pächtern dazugekommen. Vor uns hieß der Laden „Das Klo“, das war eine ziemliche Revoluzzer-Kneipe, aber die war schon zu revolutionär für die Stadt und deshalb haben sie es auch nicht lange gemacht. In Berlin wären sie mit ihrem Konzept sicherlich erfolgreich gewesen.
Vier Pächter. Vier Kapitäne. Vier verschiedene Richtungen?
Genau so war es, deswegen hat diese Konstellation gerade mal ein Jahr gehalten. Irgendwann habe ich dann mit meiner damaligen Frau den Laden alleine übernommen.
Wie kommt man überhaupt auf die Idee, in Lechhausen eine Rock-Kneipe zu eröffnen?
Das hat sich einfach so ergeben. Ein großer Vorteil war der Biergarten, zu dieser Zeit gab es kaum Rockschuppen mit Außenbewirtung. Wir waren also von den Jahreszeiten unabhängig und unser Konzept hat eigentlich schon ab dem ersten Tag der Eröffnung gegriffen. Wir waren vor allem eine Anlaufstation für lokale Bands. Im Madhouse hat immer alles gespielt, was hier in der Stadt Rang und Namen hatte.
Hattest du nie Ärger mit den Nachbarn?
Zu Beginn schon, aber das hat sich mit der Zeit alles eingespielt, wir haben uns mit unseren Anwohnern arrangiert und seitdem hatten wir auch nie wieder Stress.
Ich habe die 80er Jahre selber intensiv in Augsburg erlebt. Zu dieser Zeit ist hier die Punk- und New Wave-Welle übergeschwappt, neue Läden wie das Subway, Siedlerhof, Slip oder Blue Note haben die Szene in der Stadt sehr belebt.
Das war eine Phase, die für uns schon etwas kurvig war, weil natürlich erst einmal alle in diese neuen Läden geströmt sind. Wir haben auch kurz überlegt, ob wir mit der Welle mitschwimmen, aber wir haben dann doch die Finger davon gelassen. Letztendlich muss man seiner Linie treu bleiben und das hat sich für uns auch ausgezahlt.
An welche Ereignisse erinnerst du dich gerne zurück?
An sehr viele und tolle Konzerte, gerade „Vdelli“ aus Australien war ein absolutes Highlight. Das war von der Gage ein ziemliches Risiko, aber ich war so überzeugt von dieser Formation, dass ich es letztendlich gewagt habe. Der Laden war bumsvoll und das Konzert war vielleicht das Beste, was im Madhouse jemals stattgefunden hat.
Wenn man dich reden hört, dann spürt man förmlich, dass du ein Gastronom mit Leidenschaft bist.
Ohne Idealismus hätte das Madhouse auch nie funktioniert. Ich wusste schon als Jugendlicher, dass ich eines Tages mal eine Kneipe haben will.
Irgendwie scheinen am Madhouse alle Trends oder Moden abgeperlt zu sein. Was war dein Erfolgsrezept?
Wir waren immer ein Biotop oder eine Wohlfühloase in einer sich immer schneller drehenden Welt. Die Leute wussten, was sie bei uns bekommen, das Madhouse ist in all seinen Jahren immer authentisch und vor allem menschlich geblieben.
Was war in den über vier Jahrzehnten deine größte Herausforderung?
Es gab zwei. Das war definitiv die Zeit nach dem Brand im November 1984. Ein Schwelbrand hatte alles zerstört. Das war eine sehr schwierige und ungewisse Phase, denn es hat sich lange hingezogen, bis die Brandursache geklärt war und die Versicherung für den Schaden aufgekommen ist. In dieser Zeit habe ich deutlich gespürt, was Solidarität bedeutet. Viele meiner Gäste haben ihre Hilfe angeboten und wir haben den Laden zusammen renoviert. Das hat ein Gemeinschaftsgefühl geschaffen, es sind Freundschaften entstanden, die bis zum heutigen Tag angehalten haben.
Und die zweite?
In den 90er Jahren hat mir der damalige Chef des Ordnungsamtes das Leben sehr schwer gemacht. Er hatte mich irgendwie auf dem Kieker und hat verordnet, dass ich immer um 23:00 Uhr schließen muss. Aber irgendwann ging auch dieser Kelch an mir vorbei. Als Rock-Gastronom hatte man in den 80er und 90er Jahren keine Lobby, das ist heute ganz anders.
Wie man unschwer an den Schals hier im Laden sehen kann… Du bist FCA-Fan! Und das als Kölner?
Mein Herz schlägt schon auch für den rheinischen FC. Mitte der 80er war ich zum ersten Mal in der Rosenau bei einem Spiel gegen 1860 München. Das Stadion war zur Abwechslung mal so richtig voll und seit diesem Spiel bin ich FCA-Fan.
Wie geht es Ende Oktober bei dir weiter?
Eigentlich war diesen Sommer ein Roadtrip mit dem Motorrad durch Rumänien, Bulgarien, Türkei und last not least mein Traumland Griechenland geplant. Das wird jetzt erst einmal verschoben und dann sehen wir weiter. (ws)
Interview und Fotos: Walter Sianos
www.madhouse-musikkneipe.de
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