Liebe Frischverliebten von CSU, SPD und Grünen, immer dran denken: Wer zu lange kuschelt, denn bestraft der Dekubitus...
Wähler, da bläst er!
Mit dem Feind im Bett zu liegen, ist immer unangenehm, selbst wenn er Julia Roberts heißt. Noch unangenehmer wird es, wenn der Feind selbst das Bett ist und Windows heißt, aber das ist ein anderes Thema.
Im Augsburger Stadtrat werden zwar noch keine Liegen aufgestellt, zumindest nicht während öffentlicher Sitzungen, aber wer mit wem wo sitzt, beschäftigt zurzeit nicht nur die Opposition. Die muss aktuell im Sitzungssaal hinten sitzen und geht insofern etwas unter, außerdem hapert’s wohl mit der Raumverteilung im Hotel Holl.
Dass durch dieses unwürdige Geschachere um die billigen Plätze im Stadtrat das Gemaule über die regierende »ÜGroKo«, die »übergroße Koalition«, nicht gerade leiser wird, ist klar. Unklar bleibt, warum sich eben diese Regierung so - mit Verlaub - deppert anstellt und jedes Vorurteil munter verwandelt wie der Ronaldo seine Elfer. Die Pressemitteilungen der Opposition schreiben sich zurzeit ja quasi von selbst.
Vielleicht will die Regierungsmannschaft einfach nicht zu nahe beieinander liegen bzw. sitzen mit ihren Gegnern. Das kann man verstehen. Wobei das Problem mit der gemeinsamen Ruhestatt eigentlich gar nicht so gravierend ist, wenn man mal die Augen geschlossen hat und sich die Bettgenossen an gewisse Regeln halten. Unangenehm ist eher das Aufwachen. Doch bis zum Morgen danach ist es ja noch satte sechs Jahre hin. Also, liebe Frischverliebten von CSU, SPD und Grünen, immer dran denken: Wer zu lange kuschelt, denn bestraft der Dekubitus.
Der Augsburger, der sich am allerwenigsten Sorgen ums Wundliegen machen muss, ist natürlich Springinsfeld Volker Schafitel in seiner wahrscheinlich letzten Stadtratssession. In der neugegründeten Freibeutertruppe aus Freie Wähler, Linke, ÖDP und Polit-WG ist der passionierte Bauprojektkritiker auf jeden Fall unumstrittener Boss und vermutlich bekommen die nur deshalb keine Räume im Rathaus, weil die Stadtverwaltung blutrünstige Ritualschwüre befürchtet, in denen die Leichtmatrosen Pettinger, Nowak, Hutter und Süßmayr ihrem Kapitän unbedingte Gefolgschaft geloben müssen bis zum endgültigen Sieg über den weißblauen Wal. Also, liebe Stadtverwaltung, wenn das kein gemeinsames politisches Ziel ist, dann weiß ich auch nicht!
Der Augsburger Wähler, zumindest die paar seltenen Exemplare, die noch übrig sind, fragt sich unterdessen, warum er so ein ungutes Gefühl hat. Die Antwort ist einfach: Nachdem mittlerweile alle Gruppierungen - sei es auf der Regierungs- oder der Oppositionsseite und sei es noch so an den Haaren herbeigezogen - so dermaßen komplett und umfassend den Wählerwillen erfüllen, muss man als Wähler mit Recht um seinen Verstand fürchten. Das war mein Wille? Junge, Junge, ich wusste ja, dass ich nach drei Herrengedeck zur Selbstüberschätzung neige, aber das ich dermaßen schizophren bin, war mir nicht bewusst!
Außerdem ist eine gewisse Übersättigung nicht zu vermeiden. So viel Wunscherfüllung verträgt der stärkste Wähler nicht. Und die Frage ist ja eh längst, ob die Parteien und ihre Protagonisten sich nicht der Mehrheit beugen und den Willen der Nichtwähler erfüllen sollten. Das wäre doch toll, einfach mal einen Monat lang keine Entscheidungen treffen, nichts beraten, einfach laufen lassen. Politikerstreik quasi. Vermutlich würde es etwas länger als vier Wochen dauern, bis der Nichtwähler merkt, dass er gewonnen hat. Dann würde es aber interessant. Wer sich wohl als Erster bemerkbar macht? Die, die nicht die Grünen gewählt haben, oder die, die nicht die CSU gewählt haben?
Oder vielleicht sollten die Regierungsspitzen einfach mal Plätze tauschen mit der Opposition. Was bei jedem McDonalds geht, kann doch im McHolland nicht so schwer sein. Dann kürt man noch regelmäßig den »Stadtrat des Monats«, natürlich an einem rollierenden Stichtag, und alle wären glücklich. Bis auf Volker Schafitel vermutlich. Der John McEnroe des Augsburger Stadtrats wäre wohl nicht mal mit einem ausrangierten Tennisschiedsrichterstuhl zufrieden. Einen Versuch wäre es aber wert. Am besten im Wechsel mit Augsburgs berühmtestem Bademeister, Sweety Schönherz. Und dann alle so: »Wähler, da bläst er!«