Wir zitieren unseren treuen Leser Anton Maniel über die aktuelle Brückendeckung: "Indonesische Panzer und Augsburger Bikekitchen, Bogen ist zu weit gespannt, funktioniert als Text nicht richtig, dürfte aber viele Unterstützer finden." Entscheiden Sie selbst!
Panzer günstig gesucht?
Richtig warm ums Herz konnte es einem werden, als Regierungssprecher Steffen Seibert letztens auf Indonesien zu sprechen kam und dabei die Kanzlerin zitierte: "Indonesien hat als größtes, also bevölkerungsreichstes muslimisches Land der Welt eine Vorbildfunktion, gerade was auch das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen anbelangt."
So was hört man doch gerne heutzutage. Das Blöde daran: Der frühere Nachrichtensprecher berichtete nicht von seiner letzten Urlaubsreise, sondern rechtfertigte mit dem blumigen Statement den Verkauf von mehr als 160 deutschen Panzern an den Inselstaat, darunter Exportschlager wie Leopard und Marder. Wozu die so vorbildlichen Indonesier unsere Panzer brauchen, konnte Seibert unterdessen nicht sagen, aber das geht uns ja auch nichts an. Drittgrößter Rüstungsexporteur der Welt wird man nicht, wenn jede kleine Menschenrechtsverletzung für eine Parlamentsdebatte sorgt wie bei unseren niederländischen Nachbarn, die den Deal bekanntlich abgelehnt haben. Auf den deutschen Fußball übertragen, würde das Verhalten der Bundesregierung bedeuten, die Fans von Dynamo Dresden, wenn sie mal ein Spiel lang friedlich waren, als Belohnung mit Leuchtfackeln und Steinschleudern auszustatten, damit es auch weiterhin so schön ruhig bleibt.
Die einzig Erheiternde an dem traurigen Thema ist die Internetrecherche dazu: Bereits auf der ersten angeklickten Homepage einer seriösen Tageszeitung fragt das Netz recht unzweideutig: "Bundeswehr-Panzer günstig gesucht? Mit vergleiche.de richtig sparen." Funktioniert übrigens auch mit "Drohne", fragen Sie unsere Verteidigungsminister der letzten zehn Jahre.
Das Internet ist ja längst ähnlich hart umkämpft wie Afghanistan und die jeweiligen Verantwortlichen der großen Player müssen einen vergleichbaren Eiertanz hinlegen, wenn sie das böse Wort Krieg vermeiden wollen. Die neue Yahoo-Chefin Marissa Mayer drückte es bei ihrem Amtsantritt so aus: "We have to create an amortization around it." Auf gut Deutsch: Wir müssen mit dem ganzen Tüdelkram endlich wieder richtig Asche machen, sonst schauen wir bald mit dem Ofenrohr in die Sierra Madre. Und so wird gekauft, was die Shareholder hergeben, zuletzt die Blogger-Plattform Tumblr. Marissa Mayer dazu: "We promise not to screw it up." – "Wir versprechen, es nicht zu versemmeln." Irgendwie klang das Web2.0 auch schon mal selbstbewusster.
Die so oft als weltfremd gescholtenen Piraten zeigen sich indes ganz praxisnah, zumindest in Augsburg. Dass die Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt "Bikekitchen" in der Heilig-Kreuz-Straße von Anwohnerbeschwerden bedroht ist, war bis jetzt keiner Augsburger Partei auch nur eine Pressemitteilung wert – außer den Piraten. Hat allerdings auch nicht geholfen, die allseits beliebten Radbastler dürfen nicht mehr draußen schrauben und quetschen sich nun mit bis zu 30 Leuten in einen 25 Quadratmeter großen Raum, weil ein (in Zahlen: 1) Nachbar Anzeige erstattet hat.
Zur Erklärung: Die Bikekitchen ermöglicht auf Spendenbasis das gemeinsame Reparieren von Fahrrädern, einmal die Woche von sechs Uhr abends bis maximal zehn Uhr. Und natürlich macht man das bei gutem Wetter lieber draußen vor der Werkstatt, zumal das davor liegende Doktorgässchen so gut wie nicht befahren wird. Jetzt nicht mehr. Der eine Anwohner hat wieder gesiegt. Den Behörden kann man sicher keinen Vorwurf machen, aber irgendwas läuft doch da schief. Was muss das für ein Mensch sein, der es nicht ertragen kann, dass seine (ehrenamtlich aktiven, umweltbewussten, steuerzahlenden...) Mitbürger in einer kaum genutzten Seitengasse einmal die Woche vier Stunden lang ihre Fahrräder reparieren? Und warum ist man als Gesellschaft, Politik, Kommune offensichtlich machtlos gegenüber solchen Fällen von pathologischer Misanthropie?
Steffen Seibert würde jetzt sagen: "Augsburg hat als größte, also bevölkerungsreichste Stadt in Schwaben eine Vorbildfunktion, gerade was auch das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Freizeitinteressen anbelangt." Und vielleicht könnten dann die 160 Panzer auf ihrem Weg nach Indonesien einen kleinen Abstecher über Heilig Kreuz machen, um dem Nachbarn zu zeigen, was wirklicher Lärm ist...
Foto: Martin Abegglen