Vor der Kommunalwahl 2014: Versuchen muss man's einfach...
Lotto ohne Jackpot
Das Schlimmste an so einer Kommunalwahl ist ja, dass man sich der immensen Menge Wasser gewahr wird, die seit dem letzten städtischen Urnengang schon wieder den Lech hinunter geflossen ist. Exakt sechs Jahre wird es am nun anstehenden Wahltag, den 16. März, her sein, dass der unbekannte CSUler (der damals noch gar keiner war) den siegessicheren (und deshalb wohl etwas arroganten) sozialdemokratischen Amtsinhaber in die Wüste schickte. Wobei Wüste eine fast schon schmeichelhafte Bezeichnung ist für den bayerischen Landtag aus Sicht eines SPD-Abgeordneten. Dass Paul Wengerts Pressemitteilungen mittlerweile daraus bestehen, den Wasserstand seiner Althandysammlung abzufeiern, sagt eigentlich schon alles. Nichtsdestoweniger gratulieren wir dem Ex-OB natürlich ganz herzlich zum zweihundertsten kaputten Mobiltelefon!
Doch zurück nach Augsburg: Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Zeit zwischen der Kommunalwahl am 02. März 2008 und der in Augsburg notwendig gewordenen Stichwahl zwei Wochen später. Unter dem Motto »Grabl – nein danke!« wehrten sich Teile der mittlerweile so umworbenen freien Kulturszene mit Händen und Füßen gegen die Christsozialen. Vor allem die Furcht vor einem Kulturreferenten Peter Grab ging um und der Pro-Augsburg-Mann machte sich nach dem Wahlsieg gleich mal richtig beliebt durch die Trennung von Albert Ostermaier als Brechtfestivalleiter. Was ihm auch der Verfasser dieser Kolumne nach wie vor übelnimmt – Patti Smith hin oder her.
Doch wo viel Schatten ist, muss auch irgendwo eine kräftige Sonne scheinen. Die erweiterte Augsburger Kulturszene machte sich auf die Suche und fand - sich selbst. Parallel zu KuSpo-Schock und Biennalekonzept schossen neue Initiativen, Aktionen und Locations aus dem Boden wie Rettungsschirme nach der Eurokrise: Muhackl, Ballonfabrik, Orangerie, Jazzclub, Metzgerei, Bäckerei, Neruda, Grenzenlos, In Your Face, Jean Stein, Grandhotel, Bluespots, Der Greif, Lechler, In gute Hände, Lokalhelden, Ars Dilettanti, Extrawurst, City Club, Utopia Toolbox und so weiter - angesichts dieser Liste dürften die vergangenen gut 2000 Tage mit die kulturell produktivsten in Augsburg seit langem gewesen sein. Darüber hinaus hat sich der freie Kulturrat gegründet und ist schlauerweise ziemlich schnell eine Allianz mit dem städtischen Gegeninstrument Kulturbeirat eingegangen. Und mit der Polit-WG hat sich nun pünktlich zur Stadtratswahl ein Augsburger Eigengewächs aufgemacht, die Anliegen der »alternativen« Fuggerstädter direkt ins Stadtparlament zu bringen.
Die Frage, ob das alles genauso passiert wäre, wenn der Regenbogen seine Arbeit nach 2008 hätte fortsetzen können, ist müßig, aber deshalb nicht uninteressant. Die Emotionen kochten doch sehr hoch nach dem Machtwechsel, an dem plötzlich auch Leute beteiligt waren, die man eher auf der »anderen Seite« vermutet hätte.
Als damaliges Mitglied der noch vor der Wahl im Umfeld von Kurt Gribl ins Leben gerufenen Popkommission erinnere ich mich noch sehr gut an die überaus hitzigen Diskussionen seinerzeit. Das endete auch nicht vor der eigenen Haus- bzw. Proberaumtüre: Mit welcher Vehemenz ich mich Freunden und Mitmusikanten gezankt habe, erscheint mir nachgerade fast unglaublich. Ebenso bizarr war selbstverständlich ein gemeinsamer TV-Auftritt an der Seite von Peter Grab im Bayerischen Fernsehen zur Verteidigung der Popkommission. Wobei das etwas unrühmliche Ende des Gremiums nicht verschwiegen werden soll. Vielleicht hätten wir doch einfach die Kohle nehmen und abhauen sollen, wie uns so mancher alteingesessener Augsburger Kulturaktivist geraten hatte. Bloß: Wir hatten gar keine Kohle.
Das fehlende Geld sollte dann auch ein Grundproblem der vergangenen Amtsperiode bleiben. Und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, wer auch immer auf dem Augsburger Ratsthron Platz nimmt. So gesehen wird das Stadtratslotto mal wieder ohne Jackpot gespielt. Was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass Sie in ihre Wahlunterlagen am besten noch nen Fuffi mit reinlegen. Obwohl, lustig wär’s schon. Was das wohl mit ihrem Stimmzettel machen würde?
Anyway, Sie wissen ja, was ich meine: Hingehen, schön mitzählen beim Kreuzchenmachen, überraschen lassen. Wie beim Lotto: Versuchen muss man's einfach.