Das Klavier in Teufels Küche

Verfasst am: 02.07.2012 | Autor: Florian Kapfer

Die Geschichte beginnt wie ein klassischer Witz: "Kommt der Ordnungsreferent in eine Kneipe...“ Leider ist damit die amüsante Note schon wieder verklungen...

Die Geschichte beginnt wie ein klassischer Witz: „Kommt der Ordnungsreferent in eine Kneipe...“ Leider ist damit die amüsante Note schon wieder verklungen. Denn in besagter Augsburger Lokalität, die Volker Ullrich eines schönen Abends betrat, wurde doch glatt geraucht. Das ist in Bayern bekanntlich seit August 2011 verboten. Das konnte der Referent nicht dulden. Er forderte also den Wirt auf, die Aschenbecher zu entfernen und seine Gäste dazu zu bringen, das Rauchen einzustellen. Dann hat er sich vielleicht ein Bier bestellt und gedacht: Puh, jetzt wär ne Kippe gut.

Kleiner Scherz, soweit wir wissen raucht Volker Ullrich gar nicht. In unserer Idealvorstellung schnappt er sich aber den Wirt und erkundigt sich, warum der gute Mann eine horrende Strafe riskiert, nur damit ihm seine Gäste die Gesundheit ruinieren. Er hätte vielleicht einiges erfahren können, von Nachbarproblemen oder sonstigen Nöten und Sorgen eines Gastronomen. Den Berichten zufolge hat Ullrich das nicht getan. Aber: Offensichtlich hat er den Wirt auch nicht drangehängt. Ungeheuerlich. Und eigentlich relativ cool.
Das sieht die Neue CSM-Fraktion definitiv anders: In einem Brief an den Referenten fordern die christlichen Spaltpilze Aufklärung: „Korrekterweise haben Sie offensichtlich den Wirt gebeten, das Rauchen im Lokal zu unterbinden. Dass der Ordnungsreferent als Beamter immer im Dienst ist, sehen wir genauso und begrüßen es sehr.“ Schön ausgedrückt, nicht wahr? Blöderweise wird damit auch klar, was die CSM unter einem „Beamten im Dienst“ versteht. Denn dass Ullrich nicht gleich das SEK geholt und den üblen Wirt an den Rathauspranger geschleift hat, verwundert die CSMler dann schon: „Dies würde ja bedeuten, dass der Ordnungsreferent – nachdem er einen klaren Verstoß festgestellt hat – nicht dafür sorgt, dass das Lokal zeitnah durch städtische Mitarbeiter kontrolliert bzw. der Verstoß geahndet wird“, schreibt die Fraktionsvorsitzende Claudia Eberle ihrem (Zitat) „lieben Volker“.

Ist ja auch eine Schweinerei, da kann man den aufmüpfigen Gastronomen endlich mal wieder zeigen, wer hier wo die Stühle aufs Pflaster stellt - und der Ordnungsreferent lässt sich so eine einmalige Chance entgehen! Dabei war er als Ermittler mittenmang! Da muss natürlich mehr passieren, da muss ja, also wirklich, da muss, da müssen Köpfe rollen, mindestens. Immer im Dienst, jawoll!

Wir wissen nicht, ob oder was Volker Ullrich seiner „lieben Claudia“ darauf geantwortet hat. Wir vermuten: Im Gegensatz zu den Paragrafenreitern der CSM sind die sündigen Tabakkonsumenten in besagter Kneipe erwachsene Menschen gewesen, die aus gewissen Gründen gemeinsam beschlossen haben, das Gesetz zu brechen, inklusive einem Wirt, der sich des Risikos sicher bewusst war. Darüber könnte man nun nachdenken, auch als Politiker. Man kann sich aber auch ansatzlos echauffieren: Denkende (rauchende!) Menschen in einer Kneipe, das geht nun wirklich zu weit - am Ende gründen sie noch einen Kulturrat!

Wir lehnen uns jetzt mal ganz weit aus dem Fenster: Da die Geschichte rund zehn Monate nach Inkrafttreten des Rauchverbots passiert ist, war es vielleicht nicht das erste Mal in besagtem Lokal. Wie gesagt, reine Vermutung, aber wir würden uns wetten trauen, dass zumindest die Polizei, die ihre Wirte für gewöhnlich sehr gut kennt, und eventuell sogar jemand im Ordnungsamt darüber im Bilde war. Dünnes Eis, schon klar, aber es wäre doch eher ein Zeichen von eingeschaltetem Gehirn denn ein Skandal. Leben und leben lassen.
Eine tolle Einrichtung übrigens, so ein Gehirn. Es hat nur ein Problem: Wenn man mal anfängt, es zu benützen, wird die Welt unglaublich kompliziert. Dann doch lieber an Gesetzestexte klammern. Ein Landschaftsschutzgebiet ist ein Landschaftsschutzgebiet ist ein Landschaftsschutzgebiet ist ein Landschaftsschutzgebiet.

Doch es hilft alles nichts: Das Klavier in Teufels Küche spielt nun mal die heißesten Songs.