Angriff aus dem Darknet

Verfasst am: 01.09.2016 | Autor: Florian Kapfer

Gegen die soziale Kompetenz vieler Hundehalter ist Donald Trump ein wahrer Philanthrop...

Mit so was rechnet man ja eigentlich nicht. Während in der Politik eifrigst um Terrorverhinderungsmaßnahmen gefeilscht und dabei so getan wurde, als ob die größte Bedrohung der Bundesrepublik Deutschland in verschleierten Frauen bestehen würde, traf ich mich an einem Feiertag im August mit einigen Freunden zum Boulespielen im Siebentischwald am Schaezlerbrunnen. Der Platz ist wahrhaft idyllisch, wenn auch der Brunnen mit dem reichlich verdreckten Wasserbecken seinem Namensgeber kaum noch zur Ehre gereicht. Über Boule selbst muss man ja keine Worte mehr verlieren, es gibt wohl kaum ein Freizeitbeschäftigung, die auf so angenehme Art frische Luft, Plauderei und sportlichen Wettkampf verbindet.

Mal abgesehen von Radfahrern, die selbst angesichts von sechs konzentriert ihr Leben genießenden Spielern keinen Stundenkilometer langsamer fahren, gibt es nur ein Problem: Hunde. Falsch. Hundebesitzer natürlich. Die entweder ratten- oder kalbgroßen Vierbeiner haben vermutlich naturgemäß vor Kugeln, Rucksäcken, Hosenbeinen oder Weingläsern wenig Respekt, aber dass auch die meisten »Herrchen« einen Scheißdreck drauf geben, was ihr »Liebling« gerade vollsabbert, ist doch zumindest ärgerlich. Und was könnte schlimmer sein als einzelne »Hundeführer« ohne Kinderstube? Genau: zehn.

Als wir die etwa zehnköpfige Gruppe mit nahezu doppelt so vielen Kläffern kommen sahen, war sofort klar, dass wir eine Zwangspause im Spiel einlegen werden müssen. Doch es kam noch weit schlimmer. Die Meute verwandelte den vorher so verträumten Ort in ein Schlachtfeld, verteilte den Inhalt des Schlammbeckens auf alles und jeden und machte mit irrem Gebell jegliches Gespräch unmöglich. Dass sich die Besitzer am Treiben der Höllenbrut erfreuten wie ein Haufen frischgebackener Väter von männlichen Zwillingen in Indien, versteht sich von selbst – gegen die soziale Kompetenz vieler Hundehalter ist Donald Trump ein wahrer Philanthrop.

Wir überlegten eine Zeit lang, ob in Augsburg Leinenpflicht besteht (nein, aber: »Wer in den Grünanlagen Hunde mitführt, hat dies so zu tun, dass andere Benutzer nicht gefährdet, geschädigt oder belästigt werden«), nach etwa zehn Minuten war es uns dann aber doch etwas fad und wir baten das Überfallkommando vorsichtig darum, unser Spiel fortsetzen zu dürfen.

Junge, Junge, das hätten wir mal lieber nicht getan! Der Wortführer der Köterterroristen stieß eine Wuttirade aus, als ob wir ihn gebeten hätten, einen PETA-Mitgliedsantrag zu unterzeichnen: Wir seien doch schon seit Stunden hier (eine halbe, um genau zu sein), jetzt dürften die anderen auch mal (was denn genau, die Schlacht an der Somme nachspielen?), wir seien doch nicht alleine im Park (richtig, aber alle anderen sind sowieso schon geflohen), was uns überhaupt einfiele (höflich zu fragen statt gleich die Polizei zu holen? stimmt, absurde Idee!), hier sei nun mal das Wasser (war das Wasser, jetzt ist es hauptsächlich auf der Spielfläche und unseren Taschen) und so weiter und so fort. Anders gesagt: Im einsetzenden Dämmerlicht des eben noch so schönen Sommerabends im Siebentischwald paarten sich Aggressivität mit Dummheit auf einem Niveau, das selbst einen Neandertaler auf Tollkirsche vor Scham hätte erblassen lassen. Wahnsinn!

Wo sich solche Leute wohl kennenlernen (oder besser: zusammenrotten) – im Darknet etwa? Mit ein paar soliden deutschen Schäferhunden ausgestattet, wäre es vermutlich ein Leichtes gewesen, den Pöbel mit der Behauptung, Syrer würden neben kleinen Kindern mit Vorliebe Hunde essen, für einen Angriff auf die nächstbeste Flüchtlingsunterkunft zu begeistern. Aber wir machen’s anders. Nächstes Mal spielen wir als Muslimas verkleidet: Boule mit Burka. Falls diese Kolumne also kommenden Monat ausfällt, wissen Sie was passiert ist, dann baumeln meine Kumpels und ich im Siebentischwald an einer Eiche. Heldenhaft gefallen im Kampf für die Grünanlagensatzung der Stadt Augsburg. Es ist uns eine Ehre!